Lena Goßens

Bild
Das Foto zeigt unsere Absolventin Lena Goßens in den Bergen von Island

Alumna
Lena Goßens

Job
Gründerin | Expeditionsleiterin

Firma / Organisation
ExpeditionXplore

Abschlussjahr
2023 

Fakultät
Gesellschaft und Ökonomie

Studiengang
Nachhaltiger Tourismus (B.A.)

Zeitpunkt des Interviews
Juni 2024

 

Warum haben Sie sich für den Studiengang Nachhaltiger Tourismus an der Hochschule Rhein-Waal entschieden?

Nach meinem Abitur habe ich eine Weile in Kanada gelebt und dort meine Liebe für unberührte Natur und die Berge entdeckt. Im eiskalten Winter mit bis zu -56°C habe ich mich dann für einen typischen Backpackerjob in einem Hotel inmitten der wunderschönen Rocky Mountains entschieden, um zu „überwintern“. Das Hotel lag in einem Nationalpark, direkt an einem Fluss und die Natur war das Highlight für die Besucher des Parks und natürlich auch für mich. 

Leider waren die Praktiken, die dieses Hotel angewendet hat, überhaupt nicht nachhaltig und teilweise sogar schockierend. Nicht nur der Umgang mit Mitarbeitern war schlecht, sondern auch der Umgang mit Ressourcen war sehr verschwenderisch. Es gab extrem viel vermeidbaren Plastikmüll in internen Prozessen, Wasserverschwendung war an der Tagesordnung und Chemikalien an allen Ecken, die danach im Fluss entsorgt wurden. „Unsere Gäste wollen das so“, war die einzige Antwort, die man bekommen hat, wenn man sich für nachhaltigere Methoden eingesetzt hat. Während meiner Zeit dort habe ich mir jeden Tag überlegt, dass es doch auch anders gehen muss. Das war für viele Mitarbeiter wahnsinnig belastend. 

Bewegt von dem Drang, die Natur zu schützen während man sie bereist, bin ich dann auf den Studiengang Nachhaltiger Tourismus B.A. gestoßen. Die Hochschule liegt ca. 30 Minuten von meinem Heimatdorf entfernt und so war mir im ersten Moment klar, dass das der Weg ist, den ich einschlagen möchte. 

Wie ging es für Sie nach Ihrem Abschluss beruflich weiter? 

Nach meinem Abschluss im Februar 2023 haben wir bereits in einer ähnlichen Teamzusammensetzung wie heute mit Vollgas an der Entwicklung unserer „Reisen mit Sinn“ gearbeitet. So konnte ich im Juni eine Expedition nach Armenien und im August eine Expedition nach Island leiten. In Armenien haben wir in einem schlecht kartierten Gebiet Wasserstellen dokumentiert, auf Island botanische Proben für ein Forschungsprojekt der Uni Greifswald gesammelt. 

Im September 2023 bin ich dann nach Innsbruck, Österreich gezogen, um einen Masterabschluss im Marketing anzustreben und meine Berg- und Naturbegeisterung im Alltag ausleben zu können. Es ist sehr schön zu sehen, dass auch im österreichischen Tourismus Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Im Dezember haben wir dann den Schritt gewagt und die ExpeditionXplore GmbH gegründet. Seitdem arbeitet unser Team remote und ich bemühe mich, Masterstudium und die Arbeit für ExpeditionXplore unter einen Hut zu bringen. Das funktioniert mal besser und mal weniger gut, aber seit der Gründung hat sich viel getan und wir freuen uns, dieses Jahr 5 Expeditionen mit tollen Projekten durchführen zu können. 

Wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?

In unserem Start-up ist jeder Tag anders. Viele von uns leben in Innsbruck, doch unser ca. 12-köpfiges Team arbeitet remote und ist über mehrere Länder verteilt. 

Dabei ist es uns wichtig, regelmäßig in Kontakt zu bleiben und unsere Aufgaben nach Interesse, Verfügbarkeit und Kompetenzen zu verteilen.

Wichtige Entscheidungen treffen wir gemeinsam in unserem wöchentlichen Jour Fix und updaten einander über die Fortschritte in unseren Bereichen. Gleichzeitig nutzen wir mehrere Projektmanagement-Tools, die es uns ermöglichen, Aufgaben zusammen anzupacken. Die Tätigkeitsbereiche unterscheiden sich vor allem in Backoffice-Aufgaben und die der Expeditionsleiter:innen. Viele Teammitglieder sind in beiden Rollen tätig. 

Mein Aufgabenbereich liegt vorrangig im Marketing und der Ausarbeitung, Organisation und Durchführung der Reisen. Deswegen sind meine Tagesabläufe sehr flexibel und widmen sich immer dem, was gerade dringend ansteht. Das können Arbeiten an der Website, Texting für Blogs und Social Media Posts oder auch der E-Mail-Verkehr mit lokalen Kontakten unserer Zielländer sein. Nicht selten haben wir im Team zwischendurch Calls zu einzelnen Themen oder Reisen, um To Dos zu besprechen und uns auszutauschen. 

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Job?

Ganz ehrlich? Einfach alles. Die Kreativität, die ich in meine Aufgaben stecken kann, die Flexibilität, mit der ich meine Aufgaben erledigen und Aufgabenbereiche wählen kann, bis hin zu den bemerkenswerten Reisen, die wir auf die Beine stellen. 

Es ist so schön, wenn man sich mit der Arbeit, die man leistet und den Werten, die darin stecken, voll und ganz identifizieren kann. Um meinem Schwärmen Hintergrund zu verleihen, würde ich gerne kurz erklären, was genau wir machen: 

Unser Ziel ist es, den oft negativ betrachteten Tourismus neu zu definieren, indem wir den Wert des Gebens betonen und kleine Reisegruppen auf Expeditionen schicken, die aktiv Projekte vor Ort unterstützen. Von der Unterstützung der Nomaden in der Mongolei bis zur Müllsammlung in Norwegen – unsere Projekte sind sehr unterschiedlich, abhängig vom Reiseziel und den lokalen NGOs, mit denen wir zusammenarbeiten.

ExpeditionXplore basiert damit auf vier Säulen:

1. Unvergessliche Abenteuer: Erkunde, Tauche ein, Erweitere – Verlasse deine Komfortzone und entdecke seltene Naturperspektiven. Wir bieten Reisen mit Sinn und schaffen einzigartige Erlebnisse.

2. Nachhaltigkeit: Erleben, Engagieren, Verbinden – Um eine ganzheitlichere, umweltfreundlichere und sozial gerechtere Gestaltung unserer Abenteuer sicherzustellen, legen wir besonderen Wert auf Naturverbundenheit, Reduktion von Emissionen und Förderung von sozialer Nachhaltigkeit.

3. Unsere Community: Verbinden, Austauschen, gemeinsam Erleben – Durch regelmäßige Veranstaltungen entsteht eine aktive und freundschaftliche Community. Gleichgesinnte mit einem tieferen Sinn für Abenteuer finden einander.

4. Fotografische Dokumentation: Entdecken, Einfangen, Teilen – Bei jeder Expedition ist die fotografische Begleitung inklusive, um die unvergesslichen Momente festzuhalten und zu teilen.

Die Arbeit mit diesen Reisen mit Sinn, zieht außergewöhnliche Menschen an, die dieselben Werte vertreten und dieselben Interessen in nachhaltige und authentische Reisen haben. So sind bereits tiefe Freundschaften entstanden, wir sind auf bemerkenswerte Projekte gestoßen, und haben eine herzliche Community aufgebaut, die begeistert hinter dem steht, was wir tun. 
Das ist wohl das Schönste an meinem Job: dass ich mich persönlich sehr identifizieren kann, mit dem was wir tun und voll dahinterstehe. So ist jeder Tag ein erfüllendes Abenteuer, das uns unserem Ziel näherbringt, den Tourismus neu zu definieren.

Welche Kompetenzen haben Sie durch Ihr Studium erworben, die Sie heute gut in Ihrem Beruf einsetzen können?

Meiner Erfahrung nach war das Studium der Grundstein für meinen Erfolg. Das Grundverständnis für die Komplexität des Tourismus, sowie das tiefe Verständnis für Nachhaltigen Tourismus und dessen Bedeutung für die Zukunft hat mich in meinen ersten Praxiserfahrungen sehr unterstützt. 

Trotzdem muss man selbst den Mut und den Willen haben, die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu füllen und weiterzudenken, um die Inhalte des Studiums auch anzuwenden zu können. 

Wo sehen Sie sich in 10 Jahren? 

Wenn ich mir allein schon den Fortschritt ansehe, den ich persönlich und wir als Team in den letzten 2 Jahren erreicht haben, scheint es unmöglich mir vorzustellen, wie das Ganze in 10 Jahren aussehen könnte.  

Wenn ich Träumen dürfte, ist ExpeditionXplore und „Reisen mit Sinn“ in 10 Jahren ein etabliertes Konzept. Unsere Reisen sind noch besser auf Nachhaltigkeit optimiert und all unsere glücklichen Teilnehmer sind Teil der herzlichen Community. 

Ich wünsche mir, dass wir unsere Abenteuerlust und unseren Teamgeist nicht verlieren – hoffentlich sitzen wir in 10 Jahren in einem nachhaltig gestalteten Büro mit all unseren Teammitgliedern, brainstormen neue Reisen und diskutieren die Projekte, die wir unterstützen möchten. 

Ich persönlich sehe mich auch in 10 Jahren im Bereich des Tourismusmarketing, mit der Leidenschaft dafür, andere Menschen für unsere Abenteuer zu begeistern. 

Was ist Ihre schönste Erinnerung, wenn Sie an Ihre Studienzeit an der Hochschule Rhein-Waal zurückdenken?

Leider war mein Studium an der HSRW durch die Corona Pandemie fast vollständig digital und die Studienzeit hat viel Selbstdisziplin gefordert. Nach einer anfänglich eher schwierigen Phase habe ich gelernt die freie Zeiteinteilung zu genießen und dadurch war es mir überhaupt erst möglich, einen remote Praktikumsplatz anzunehmen und in der Arbeit aufzublühen. 

Ich denke meine schönste Erinnerung an mein Studium bezieht sich daher auf mein Praxissemester, in welchem ich mein Wissen anwenden konnte und meine jetzigen Mitgründer Fabienne und Martin getroffen habe. Am Ende meines Praktikums hat das gesamte Team mir mit herzlichen Worten und breiten Grinsen für meine Arbeit und Expertise gedankt. Ich werde niemals das Gefühl vergessen, im nachhaltigen Tourismus etwas bewirkt und verändert zu haben.