Dr. Lennart Kuck
Alumnus Job Firma / Organisation Abschlussjahr Fakultät Studiengang Zeitpunkt des Interviews |
Warum haben Sie sich für den Bachelorstudiengang Bio Science and Health an der Hochschule Rhein-Waal entschieden?
Ich habe mich damals aus mehreren Gründen für die HSRW entschieden. Ich habe im WS 2012 angefangen Bio Science and Health (BSH) zu studieren, mit als erster Jahrgang am neuen Campus in Kleve. Die modernen Gebäude und neue Infrastruktur waren definitiv ein Pluspunkt im Vergleich zu klassischen Universitäten im Umfeld. Ein weiterer Reiz war die internationale Ausrichtung der HSRW, in der viele Kurse auf Englisch angeboten werden. Auch wenn BSH auf Deutsch war, hat das englische Angebot vieler anderer Kurse einen großen Anteil an internationalen Studenten mit vielen verschiedenen Hintergründen angezogen, und somit für eine diverse und multikulturelle Studentenschaft gesorgt. In meiner Wohngemeinschaft wurde zum Beispiel hauptsächlich Englisch gesprochen, da es Studenten aus Deutschland, Brasilien, Kanada, Indien und Südamerika gab, und ich konnte verschiedene Geschichten und Perspektiven kennenlernen. Das hat mir im späteren Karriereverlauf viel geholfen, da die Wissenschaft ein kooperatives und globales Unterfangen ist, in dem man die Möglichkeit hat mit Menschen aus der ganzen Welt zusammenzuarbeiten.
Wie ging es für Sie nach Ihrem Abschluss 2016 weiter?
Im Rahmen meines BSH-Studiums habe ich im Jahr 2015 ein Praxissemester an der Sporthochschule in Köln unternommen. Dort habe ich durch meine Betreuerin Dr. Marijke Grau einen Kollegen aus Australien getroffen, der mich eingeladen hat ein Praktikum in seinem Labor in Australien zu absolvieren. Da habe ich natürlich nicht ‚Nein‘ gesagt, und konnte Ende 2015 bis Mitte 2016 an der Griffith University in Gold Coast Erfahrungen sammeln. Im Anschluss habe ich dann meine Bachelorarbeit im Labor von Dr. Grau in Köln absolviert, unter Aufsicht von Prof. Robert Renner von der HSRW, der zufällig auch an der Sporthochschule Köln promoviert hatte. Für mein Masterstudium in Medical Research zwischen 2017-2018 hat es mich dann wieder nach Gold Coast gezogen, und ich konnte dadurch ein Stipendium für meine anschließende Promotion an der Griffith University gewinnen. Von 2019-2023 habe ich dann dort promoviert, und habe direkt im Anschluss eine Stelle als Research Fellow bei Griffith angenommen.
Was war das Thema Ihrer Doktorarbeit?
Das zentrale Thema meiner Forschung, seit meinen ersten Erfahrungen an der Sporthochschule in Köln übrigens, sind rote Blutkörperchen oder Erythrozyten. Um genauer zu sein, meine Interessen liegen bei Signalwegen, die das Leben der Erythrozyten beeinflussen. Erythrozyten sind spezielle Zellen, die in Säugetieren für maximalen Sauerstofftransport des Blutes optimiert sind. Ein wichtiger Teil dieser Anpassung ist, dass diese Zellen ihren Zellkern während ihrer Entwicklung von Stammzellen ausstoßen. Ohne Zellkern fehlt den Erythrozyten jedoch die Möglichkeit Gene zu exprimieren, und so den Proteingehalt zu steuern. Trotzdem haben Erythrozyten Signalwege entwickelt, die wichtige Zelleigenschaften akut kontrollieren – diese funktionieren nur durch die Veränderung von vorhandenen Proteinen, nicht durch Regulierung der Anzahl von Proteinen in der Zelle. Meine Doktorarbeit befasst sich im Besonderen mit Signalwegen, die durch mechanische Impulse aktiviert werden. Erythrozyten haben spezielle Membranproteine, die unter anderem über Nervenzellen auch für den Tastsinn verantwortlich sind, welche physische Signale, wie zum Beispiel den Blutfluss, in biochemische Signale umsetzen können. Die zentrale These meiner Doktorarbeit unterstützt, dass diese Mechanismen in Erythrozyten existieren und relevant sind, und ausschließlich über Kalzium-Ionen funktionieren.
Sie arbeiten als Research Fellow an der Griffith University in Australien. Wie kann man sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
Als Research Fellow arbeite ich als unabhängiger Wissenschaftler. Die Bewerbung um meine Research Fellow Stelle beinhaltete nicht nur einen generellen und akademischen Lebenslauf, sondern auch einen detaillierten Forschungsplan für ein konkretes Projekt. Ich verbringe also einen Gutteil meines Tages damit, dieses relative umfangreiche Projekt voranzutreiben. Generell versuche ich meinen Alltag abwechslungsreich zu gestalten, um intellektuell fit zu bleiben. Es gibt als Forscher immer mehr zu tun als man Zeit hat und die Einteilung der Zeit ist daher sehr wichtig. Ich verbringe ungefähr die Hälfte meiner Zeit im Labor, bei der Planung und Durchführung von eigenen Experimenten oder um andere Studien meiner Forschungsgruppe zu unterstützen. Die andere Hälfte der Zeit wird benötigt für das Schreiben von Veröffentlichungen, Datenanalyse und andere administrativen Aufgaben. Ich präsentiere meine Forschung auch regelmäßig bei Seminaren an meiner Universität und lokalen sowie internationalen Konferenzen.
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit?
Wie viele andere Wissenschaftler schätze ich die Flexibilität meiner Arbeit sehr, das gilt für intellektuelle Flexibilität sowie für praktische Flexibilität. Ich habe das große Glück, mein eigenes Projekt verfolgen zu können, welches genau meinen Forschungsinteressen entspricht. Ich schreibe meine eigenen Forschungsanträge, und kann daher meine Projekte größtenteils selbst gestalten, solange sie auch gefördert werden. Darüber hinaus habe ich relativ viel Freiheit meinen Arbeitsalltag zu gestalten, und kann meine Arbeitszeit relativ spontan bestimmen. Wissenschaftliche Forschung ist herausfordernd und beizeiten auch frustrierend oder stressig, aber dadurch auch sehr bereichernd und erfüllend. Es ist ein besonderes Gefühl, wenn man eine neue Entdeckung macht, von der man weiß, dass sie zu dem Zeitpunkt noch keinem anderen Menschen bewusst geworden ist.
Darüber hinaus arbeite ich mit anderen Forschern in Australien, Europa und Japan zusammen, und die intellektuelle und kulturelle Vielfalt der Kollegen gefällt mir besonders. Die Verbindungen, die man bei Kongressen und über Kooperationen knüpft, nicht nur mit den ‚Kollegen‘ als Wissenschaftlern, sondern auch den Menschen dahinter, sind einmalig.
Wo sehen Sie sich (und Ihre Forschung) in 10 Jahren?
Ich arbeite zwar momentan als unabhängiger Forscher an der Griffith University, aber ich bin auf die Infrastruktur von anderen Forschungsgruppen angewiesen. Ich bin weiterhin fasziniert von den ausgefallen Signalmechanismen von Erythrozyten, und sehe mich in 10 Jahren als Leiter einer Forschungsgruppe zu diesem Thema. Meine Grundlagenforschung lässt sich gut auf verschiedene Krankheitsbilder übertragen, und mein Ziel ist unter anderem den Beitrag von Erythrozyten-Signalmolekülen zu verschiedenen Zirkulationskrankheiten aufzuzeigen. Es gibt zurzeit noch absolut keine Medikamente, die direkt auf Erythrozyten abzielen, und ich hoffe, dass meine Forschung einen neuen Ansatz für Erythrozyten-basierte Therapien unterstützen kann.
Welche Tipps haben Sie für unsere BSH Studierenden?
Meiner Erfahrung nach würde ich aktuellen Studenten raten zu so vielen Angeboten wie möglich ‚Ja‘ zu sagen. Sich verschiedenen Wegen und Möglichkeiten auszusetzen ist der beste Weg die eigenen Vorlieben und Stärken besser kennenzulernen, und so die besten Entscheidungen treffen zu können. Besonders die Gelegenheiten, die vielleicht auf den ersten Blick einschüchternd wirken, bergen meist das Potenzial für großes Wachstum, auf persönlicher und professioneller Ebene. Das BSH-Studium ist extrem weit gefächert und bietet somit die Möglichkeit sehr verschiedene Karrierewege einzuschlagen. Für meinen Werdegang war das Praxissemester wichtig, weil es dem Unternehmen oder der Universität genug Zeit gibt, einen richtig kennenzulernen und schonmal durch Training und Erfahrung zu investieren. Auch wenn man dort nicht unbedingt später arbeiten möchte, ist es eine sehr wertvolle Referenz und ein guter Kontakt, daher würde ich Studierenden raten sich über das Praxis-/Auslandssemester viele Gedanken zu machen, und viele Anfragen zu verschicken.