Projekt SokratesT
Tests adaptiver KI-Tutoren für validierte Lernprozesse mit sokratischen Dialogen
Unter bestimmten Bedingungen können KI-Chatbots das personalisierte Lernen stärken, Lernerfolg und die Motivation der Lernenden erhöhen und deren Selbstwirksamkeit und Kompetenzerleben steigern.
Trotz dieses Potenzials hat jedoch ein unreguliertes Nutzungsverhalten potenziell gravierende Auswirkungen auf Effektivität und Rechtmäßigkeit der Lehr- und Prüfungspraxis. Wenn bspw. Studierende Unterlagen oder Lehrbücher auf ChatGPT hochladen, entstehen möglicherweise urheberrechtliche Probleme. Uninformierte KI-Nutzung kann die Leistung sogar verschlechtern, ohne dass die Werkzeuge dazu ‚halluzinieren‘ müssen. So können auch sachlich korrekte KI-Inhalte den Lernerfolg schmälern, wenn sie irrelevante Schwerpunkte setzen oder Aspekte falsch verknüpfen. Zudem verleitet die KI Studierende dazu, sich Antworten generieren zu lassen, ohne Zusammenhänge zu erkennen, das Erlernte auf andere Problemstellungen anwenden zu können, oder das Wissen zu synthetisieren – all dies essentielle Schritte im Kompetenzerwerb nach Bloom / Krathwohl.
Die Frage ist, wie sich das kreative Potenzial generativer KI vereinbaren lässt mit Datenschutz, Didaktik, und Prüfungsrecht bei gleichzeitiger Qualitätssicherung kursrelevanter Inhalte. Das Ziel ist ein Bot, der Studierenden hilft, Inhalte nach ihrem individuellen Lerntempo, Vorwissen und ihren Interessen zu erschließen, und zwar im Rahmen eines konkreten Kurses mit konkreten Lernzielen und Prüfungsanforderungen. Dies erfordert einen klar definierten, validierten Informations-Korpus. Hierfür setzen wir ein seit Jahren bewährtes Verfahren ein, die Retrieval Augmented Generation (RAG). Dabei basieren die Antworten des Sprachmodells weitgehend auf einer Datenbank, die sich aus zuvor validierten Wissensgrafen, Dokumenten und Medien speist.
Die Herausforderung ist nicht nur technisch: eine sachlich korrekte Antwort ist didaktisch nur dann wertvoll, wenn sie in einen analytischen Denkprozess eingebunden ist, der über das Reproduzieren hinausgeht. Zielführender wäre es, wenn die KI die Lernenden in einem sokratischen Dialog durch gezielte Fragen dazu anregt, Wissenslücken zu hinterfragen, anstatt nur die vermeintlich richtige Antwort auszuspucken. Der sokratische Dialog hat sich in der Hochschullehre bewährt, um kritisches Denken zu schärfen, und bietet sich als didaktisches Grundprinzip eines KI-Tutors an.
Methodik
Sokratest wird kokreativ mit Studierenden und Lehrenden entwickelt. Wir wählen dazu ein agiles Vorgehen, bei dem wir feedbackbasiert durch vier Entwicklungsphasen iterieren. Das Feedback der Stakeholder während der Phasen erlaubt eine flexible Entwicklung, ohne das Projektziel aus den Augen zu verlieren.
Zu Beginn werden die technischen Rahmenbedingungen des RAG-Bots und der Konzeption des Prozessmodells ausgearbeitet. Parallel wird eine psychologische Begleitstudie entwickelt, um Erwartungen und Erfahrungen zu untersuchen.
Wir testen, wie sich Daten-Korpus und Sprachmodell am besten miteinander verbinden lassen und analysieren Aspekte wie Performanz, Manipulationsvermeidung, Didaktik und Datenschutz. Die Programmierung wird via GitHub interessierten Nutzer*innen zur Verfügung gestellt. Zusätzlich entwickeln wir ein Prozessmodell und Befragungsinstrument als Open Educational Resource (OER), damit potenzielle Nutzer*innen automatisiert einen passgenauen Bot generieren können.
Datenkorpus und Fragestellungen werden im Modul definiert, woraufhin das Reallabor startet. Wir erwarten eine Steigerung von intrinsischer Motivation und KI-Literacy der Beteiligten und analysieren die pseudonymisierten Anfragen und Dialoge entsprechend. Mit hinreichender Datenbasis erwägen wir gemeinsam gewisse Anpassungen, beispielsweise des Antwortstils.
Nutzungsdaten werden systematisch ausgewertet und die Entwicklungsphasen dokumentiert. Ein Prozessmodell wird aufbereitet, womit der interne und externe Transfer starten kann (s. 1.4). Phase 4 schließt mit der Analyse und der Aufbereitung der Ergebnisse zur Diskussion innerhalb der Hochschule ab, die wiederum die Grundlage für die Skalierung bietet.
Aus urheberrechtlichen Gründen ist davon auszugehen, dass keine kostenpflichtigen großen Sprachmodelle (z.B. LLM wie ChatGPT) zum Einsatz kommen, sondern lokale Open-Source-Lösungen für kleinere Sprachmodelle. Besonders in der Anwendung von RAG mit geschützten Inhalten bieten Open-Source-Modelle (z.B. Mistrals „Mixtral“) mehr Flexibilität und können sicherer ausgeführt werden. Da der zu erwartende Wissens-Korpus neben Texten auch Audio-Bücher, Videos und weitere Medienformate beinhalten wird, werden bei der Datenanalyse und idealerweise auch bei der Ergebnisausgabe und Interaktion mit dem Bot multimodale Aspekte eruiert und genutzt.
Skalierbarkeit, Verwertung und Transfer
Um die Skalierung frühzeitig zu fördern, sind bereits interne und externe Informationsveranstaltungen geplant. In das Design einer Vollerhebung zur KI-Nutzung war die Studierendenschaft intensiv eingebunden. Auf Grund der positiven Erfahrungen planen wir auch hier den systematischen Austausch mit Studierendenvertreter*innen, um die Studierenden zu einem Treiber der Skalierung zu machen. Ausgangspunkt ist die Pilotanwendung in einem englischsprachigen Kursmodul der Betriebswirtschaften (Sommersemester 2025).
Schmuckbild zum Projekt SokratesT
Projektleitung
Prof. Alexander Gerber
Prof. Dr. Ulrich Pfeiffer
E-Mail: sokratest@hochschule-rhein-waal.de
Projektförderung
Teil von KI:edu.nrw
unter dem Dach von:
Digitale Hochschule NRW,
Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen