Untergetaucht im Tropengrün: Schüler*innen des Willibrord-Gymnasiums erleben die Vielfalt des Regenwaldes hautnah

An einem verregneten Februarvormittag zog die Kälte des Niederrheins durch die Straßen von Kleve, doch wer das Tropenhaus der Hochschule Rhein-Waal betrat, ließ den Winter augenblicklich hinter sich. Hier herrschte ein anderes Klima: feuchte, warme Luft legte sich auf die Haut, während der erdige Duft von Pflanzen und feuchten Blättern den Raum erfüllte. An zwei Tagen strömten drei siebte Klassen des Willibrord-Gymnasiums – insgesamt neunzig Schüler*innen – neugierig durch das dichte Grün, zwischen hoch aufragenden Bananenstauden und üppigen Kakaobäumen, um den Worten von Gärtnerbautechnikerin Doris Winkels zu lauschen. Ihr Schulausflug war eine Expedition in ein lebendiges Klassenzimmer, eine Begegnung mit einem Ökosystem, das tausende Kilometer entfernt liegt und doch in ihrer Lebenswirklichkeit von entscheidender Bedeutung ist.

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Das Tropenhaus von Innen mit Schülern.
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Schüler im Tropenhaus, unter einer Blüte

Das Tropenhaus, ein lebendiges Forschungslabor, ist Teil der Fakultät für Life Sciences und verbindet Wissenschaft mit praxisnaher Lehre. Prof. Dr. Natalie Laibach, Expertin für nachhaltige Landnutzung, führte die Jugendlichen durch die exotische Pflanzenwelt. Sie zeigte ihnen Bananenstauden, deren Blätter fast bis zur Glasdecke reichten, und ließ sie die raue Oberfläche einer Kakaoschote ertasten. „Diese Pflanzen sind nicht nur Forschungsobjekte“, erklärte sie, während leise im Hintergrund das Bewässerungssystem summte. „Sie stehen für die Zerbrechlichkeit unserer Ökosysteme und für die globalen klimatischen Zusammenhänge.“ Die Schüler*innen erfuhren, dass der tropische Regenwald eine eigene, in sich geschlossene Welt ist: konstante Temperaturen zwischen 23 und 27 Grad Celsius, eine Luftfeuchtigkeit, die feinen Dunst entstehen lässt, und Niederschlagsmengen, die jene Mitteleuropas um ein Vielfaches übersteigen. Statt klarer Jahreszeiten gibt es ein Wechselspiel aus Regen- und Trockenperioden.

„Ich hätte nie gedacht, dass eine Kakaobohne so erdig riecht“, wunderte sich eine Schülerin, als diese eine geöffnete Frucht vorsichtig in den Händen hielt. Solche unmittelbaren Sinneserfahrungen sind für Winkels von unschätzbarem Wert: „Wir wollen, dass die Schülerinnen den Regenwald nicht nur verstehen, sondern ihn wirklich erleben“, betonte sie nach dem Rundgang. Und so erkundeten die Jugendlichen die faszinierende Pflanzenwelt des Tropenhauses – von der Ananaspflanze am Boden bis hinauf zu den Vanilleranken, die sich zwischen den Blättern emporwanden und hier, sicher unter Glas, dem nasskalten Winterwetter trotzen.

Den Abschluss des Besuchs bildete ein Vortrag von Dipl.-Geogr. Björn Flockau, der über die ökologischen und wirtschaftlichen Aspekte tropischer Agrarsysteme sprach. Besonders intensiv beschäftigten sich die Schüler*innen mit dem Agroforstbau als nachhaltige Alternative zur Monokultur. Während großflächige Kakaoplantagen zur Bodenerosion und zum Verlust der Artenvielfalt beitragen können, kann der Mischanbau negative Folgen abmildern: Bäume spenden Schatten, ihre Wurzeln festigen den Boden, das Mikroklima bleibt stabil. Ein scheinbar einfacher Ansatz mit weitreichenden ökologischen Vorteilen.

Ein weiteres Aha-Erlebnis hatten die Jugendlichen im Bereich der Bionik. Der sogenannte Lotuseffekt – die wasserabweisende Oberfläche von Lotusblättern – dient in der Technik als Vorbild für selbstreinigende Materialien. Erstaunt stellten sie fest, dass sie dieses Prinzip auch in heimischen Gärten wiederfinden – etwa bei Kapuzinerkresse oder Kohlblättern. Wissenschaft, so sollte ihnen klar gemacht werden, beginnt oft mit aufmerksamer Beobachtung.

Doch dieser Tag im Tropenhaus war kein isoliertes Erlebnis. Schon frühere Jahrgänge anderer Schulen aus den Kreisen Kleve und Wesel hatten unter der Leitung von Prof. Dr. Jens Gebauer die Biodiversität des Hochschulgartens erforscht. Gartenprojekte und Nachhaltigkeits-AGs sind hier regelmäßig zu Gast, um die Natur nicht nur theoretisch zu begreifen, sondern sie mit allen Sinnen zu erfahren. So verwandelt sich ein scheinbar gewöhnlicher, verregneter Februarvormittag am Niederrhein immer wieder in den Ausgangspunkt einer Reise – in die Welt der Tropen und in ein hoffentlich tieferes Verständnis unserer Umwelt.

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