Das Ende der Wegwerflogik? Prof. Simone Pauling über die wahre Dimension der Circular Economy
In Deutschland wird der Begriff der Kreislaufwirtschaft oft auf ein einzelnes Element reduziert. Meist denkt man dabei an Mülltrennung und Recycling am Ende des Produktlebenszyklus. Dass dies eine deutliche Verkürzung eines weitaus umfassenderen Konzepts darstellt, machte Prof. Dr. Simone Pauling von der Hochschule Rhein-Waal kürzlich beim Forum Mittelstand Niederrhein deutlich. Ihr Impuls: Die Kreislaufwirtschaft ist eine Systemfrage, die weit vor dem Abfalleimer beginnt und die gesamte Wertschöpfung neu justieren muss.
In einer Welt, deren Ressourcen endlich sind und deren ökologische Belastbarkeit an ihre Grenzen stößt, erscheint die deutsche Fokussierung auf das „End-of-Pipe“-Denken zunehmend als unzureichend. Die Herausforderung liege nicht allein in der Verwertung des häufig noch Unvermeidlichen, sondern in der intelligenten Neukonzeption von Produktions- und Konsummustern, die Abfall gar nicht erst entstehen lassen, so der Tenor. An diesem Punkt setzt Prof. Paulings Ansatz an.
Prof. Dr. Simone Pauling, Professorin an der Hochschule Rhein-Waal, verbindet akademische Forschung mit internationaler Industrieerfahrung. Bevor sie ihre Professur antrat, beschäftigte sie sich mit der Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit globaler land- und lebensmittelwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten und war darüber hinaus als Forschungsleiterin eines international tätigen Konzerns der Geflügelverarbeitung tätig, wo sie sich intensiv mit der Umsetzung innovativer und nachhaltiger Lösungen auseinandersetzte. Heute forscht sie an der Schnittstelle von ressourcenschonender Produktion, Umwelt- und Tierschutz sowie fairer Wertschöpfung.
Ihre zentrale Botschaft beim Forum Mittelstand im Kreis Viersen: Die Circular Economy erfordert ein grundlegendes Umdenken, das bereits bei Produktdesign, Materialauswahl und Geschäftsmodellentwicklung ansetzt. Es gehe darum, "durchdachte Kreisläufe von Anfang an" zu etablieren, die etablierte Wertschöpfungsketten erweitern und neu definieren. Hierdurch, so Pauling, ließen sich nicht nur Ressourcen effizienter nutzen und Kosten sparen, sondern auch neue Geschäftsfelder erschließen – untermauert durch innovative Ideen und Praxisbeispiele, die den anwesenden mittelständischen Unternehmern konkrete Denkanstöße lieferten. Gerade kleine und mittlere Unternehmen stehen vor der Herausforderung, solche systemischen Veränderungen zu adaptieren. Die Agenda des Forums Mittelstand Niederrhein für 2025, die neben der Kreislaufwirtschaft auch aktuelle Fragen wie Cybersicherheit und die Transformation der Arbeitswelt adressiert, unterstreicht die Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit längst keine Nische mehr ist, sondern, eine "wirtschaftliche Notwendigkeit".
Die Vision einer echten Kreislaufwirtschaft, die das Recycling als nur einen Baustein begreift, könnte so zu einem wichtigen Innovationsmotor für die Region Niederrhein und darüber hinaus werden. Ein Umdenken, das am Ende nicht nur die Umwelt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts stärken kann.