Region Niederrhein als Vorreiter: ‚ZukunftsLab‘ 2023 der Hochschule Rhein-Waal
Der Niederrhein als die nachhaltige Region Europas – mit der Hochschule Rhein-Waal (HSRW) als europäischem Zentrum für Transformation, Nachhaltigkeit und Teilhabe, das wünscht sich HSRW-Präsident Prof. Dr. Locker-Grütjen für die Zukunft. Eine Region mit einem perfekt funktionierenden ÖPNV, effektiven Umwelt- und Artenschutzmaßnahmen sowie innovativen und nachhaltigen Unternehmen – so könnte der Niederrhein der Zukunft aussehen. Doch wie kann dies erreicht werden? Dieser Frage ging das Team des TransRegINT-Projekts der HSRW mit rund 90 Vertreter*innen aus Gesellschaft, lokaler Wirtschaft, Politik, Vereinen und Kommunen in dem zweitägigen ‚ZukunftsLab‘ in den Räumlichkeiten der Altana AG in Wesel intensiv auf den Grund.
Bildnachweis: Teilnehmende des ‚ZukunftsLab‘ am 19. und 20. Oktober 2023 in Wesel © Björn Willimzig
Begleitet von der Agentur ‚City2Sciene‘ wurde der erste Tag dazu genutzt, um in verschiedenen Themenbereichen, wie ‚Bildung für Nachhaltigkeit‘, ‚Umwelt und Ökologie‘ oder ‚Nachhaltige Wirtschaft und Innovation‘ mit wechselnden Personengruppen aktuelle Herausforderungen und Handlungsfelder zu definieren: Themen wie regionale Mobilität, Energieversorgung, Kreislaufwirtschaft und Bereiche wie der Wohnungsmarkt wurden dabei deutlich genannt. Dabei ist für alle Bereiche selbstverständlich, dass eine der größten Notwendigkeiten für eine nachhaltige Transformation die zielgerichtete Kommunikation und Zusammenarbeit aller Akteur*innen in der Region sei. Es müsse für die aktuellen Herausforderungen ein Verständnis in der gesamten Gesellschaft geschaffen werden und diese auch an den Lösungen beteiligt werden. Dies erreiche man besonders durch eine breite Einbindung und lebensnahe Modelle wie sogenannte Reallabore. Wie wichtig eine ideale Kommunikation und die Mitnahme aller Akteur*innen sei, machte auch Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerien für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit a.D., während des Auftakts der Veranstaltung deutlich. Sie betonte, dass der Politik bewusst sein müsse, wie viel Transformation der Gesellschaft zumutbar wäre.
Der zweite Tag hatte das Ziel, konkrete Ideen und Projekte zu entwickeln, die im Rahmen des fünfjährigen TransRegINT-Projekts angegangen werden sollen. Hierfür wurden den Teilnehmenden konkrete Aufgaben zugeteilt, z.B. einen Prototypen für ein erlebbares und autarkes Gebäude zu bauen oder KI-Mobile und mobile Kommunikationsorte zu schaffen. In vier Phasen galt es, die Aufgaben zu bearbeiten: kreativ werden und Ideen formulieren, Lösungswege entwickeln und durch den gemeinsamen Bau von Modellen sichtbar machen, Finanzierung und Durchführbarkeit prüfen und abschließend vor den anderen Arbeitsgruppen präsentieren.
Als Lösung für einen mobilen Kommunikationsort wurde die Idee eines Kommunikationsbusses vorgestellt, der auch kleine Dörfer am Niederrhein anfahren und so die unterschiedlichsten Zielgruppen in den verschiedenen Gemeinden erreichen könne. So soll Teilhabe an Wissensaustausch ermöglicht werden. Für ein erlebbares, autarkes Gebäude wurde die Idee entwickelt, ein Mehrfamilienhaus mit Wohnungen, Treffpunkten und Seminarräumen sowie weiteren modularen Angeboten zum Austausch zu errichten. Ausgestattet mit einer autarken Technik wie Photovoltaik-Modulen zur Strom- und Warmwasserversorgung in Kombination mit einer Wärmepumpe und einem Wasserspeicher, Windkraftanlage sowie Wasserstoffspeicher werden neue Energiesysteme nicht nur erlebbar, sondern auch durch wissenschaftliche Begleitung weiterentwickelt und erprobt. So könnten auch die Energiedaten für die Besuchenden und zukünftigen Bewohner*innen zugänglich gemacht und ein Bewusstsein für Verbrauch geschaffen werden.
Beim ‚ZukunftsLab‘ Niederrhein wurden zahlreiche Ideen und Lösungsansätze für eine nachhaltige Transformation der Region Niederrhein entwickelt. Der Fokus lag allerdings nicht darin, unmittelbar umsetzbare Projekte zu entwickeln. Eher ging es laut Vanessa Meinen, Koordinatorin des Kompetenz-Hub im TransRegINT-Projekt, darum zu eruieren, welche Ideen für die Zukunft die verschiedenen Akteur*innen haben, welche Angebote es zum Teil schon gebe und diese zusammenzubringen. Auch Rainer Benien, Beigeordneter der Stadt Wesel, konnte durch seine Teilnahme am ‚ZukunftsLab‘ Ideen mitnehmen, die sich für die Stadt Wesel anböten, wie zum Beispiel ein Innovationszentrum oder auch die Teilhabe der Gesellschaft vor Ort: „Diese Projekte könnten im Reallabor der Stadt Wesel ausprobiert werden“, so Benien. Das interdisziplinäre Veranstaltungsformat sorgte mit einem innovativen Ansatz für einen bleibenden Eindruck bei den Teilnehmenden.
Prof. Dr. Locker-Grütjen machte zum Abschluss deutlich, dass das ‚ZukunftsLab‘ den Startschuss gegeben habe, die Themen Innovation, Nachhaltigkeit und Teilhabe für die Region Niederrhein nach vorne zu bringen. In einem weiteren Zukunftslabor im Jahr 2026 wolle man auf die bis dahin erfolgten Veränderungen zurückblicken und daran anknüpfen, so Prof. Dr. Peter Kisters, HSRW-Vizepräsident für Forschung, Innovation und Transfer. Die Begeisterung und Kreativität aller Teilnehmenden sei eine Inspiration für die weitere Gestaltung des Transformationsprojekts TransRegINT.
Informationen zum Projekt TransRegINT
Wissenschaftliche Erkenntnisse in die Wirtschaft und die Gesellschaft zu tragen, ist das erklärte Ziel des fünfjährigen Projektes ‚TransRegINT – Transformation der Region Niederrhein: Innovation, Nachhaltigkeit, Teilhabe‘. Es adressiert aktuelle Herausforderungen, die nur mit gemeinschaftlichen Anstrengungen zu bewältigen sind. Anliegen ist es, als wissenschaftliche Einrichtung zu Entwicklungen beizutragen, die sowohl regionale als auch globale Lösungen unterstützen und somit einen nachhaltigen Wandel ermöglichen. Dabei orientiert sich die Hochschule Rhein-Waal (HSRW) an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.
Für die Umsetzung wählt die Hochschule die verschiedensten Formate und geht über die reine Wissensvermittlung hinaus: Wissenschaftler*innen kooperieren beispielsweise mit Akteur*innen der Landwirtschaft, die HSRW bindet die Ideen von Bürger*innen in Wettbewerben und Workshopformaten ein oder vermittelt auf kreative Art und Weise Kompetenzen im Bereich Nachhaltigkeit. Die HSRW arbeitet auch mit regionalen Unternehmen zusammen und untersucht unter anderem die Chancen von Wasserstoff als neue Energiequelle für den Niederrhein. Geplant ist ebenso die Öffnung der Hochschule durch Labor-Netzwerke oder ein begehbares digitales Reallabor. Untersucht werden außerdem soziale Wandlungsprozesse, z.B. im Arbeitsmarkt.
Gefördert wird das Projekt über das Programm ‚Innovative Hochschule‘ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. ‚Innovative Hochschule‘ ist eine Bund-Länder-Initiative zur Förderung des forschungsbasierten Ideen-, Wissens- und Technologietransfers. Sie soll insbesondere Hochschulen für Angewandte Wissenschaften sowie kleine und mittlere Universitäten darin unterstützen, sich im Leistungsbereich Transfer und Innovation zu profilieren und ihre strategische Rolle im regionalen und überregionalen Innovationssystem zu stärken. Insgesamt stellen Bund und Länder für die zweite Förderrunde bis zu 285 Millionen Euro zur Verfügung. Die Fördermittel werden zu 90 Prozent vom Bund und zu zehn Prozent vom Bundesland der jeweiligen Hochschule getragen. 2022 wurden für die zweite Förderperiode insgesamt 55 Hochschulen ausgezeichnet, neun davon in NordrheinWestfalen, darunter die HSRW. Bis Ende 2027 wird das Projekt TransRegINT mit Fördergeldern in Höhe von knapp zehn Millionen Euro unterstützt.