Projektbasiertes Studium in der Praxis

Arbeiten mit einer Entwicklungsplattform für Elektrofahrzeuge

Wie funktioniert praxisorientiertes Studieren in der Realität? Ein Besuch im Mechatronik- und Regelungstechnik-Labor der Fakultät Technologie und Bionik am Campus Kleve der Hochschule Rhein-Waal gibt Antwort. Hier steht Studierenden eine E-Mobility-Plattform zur Verfügung, die sie für Projekte verschiedenster Ingenieursdisziplinen nutzen können. Auch am Aufbau der Plattform in den vergangenen drei Jahren waren Studierende beteiligt. 

Studiengangsleiter Prof. Dr. Nissing testet das E-Gokart mit Studierenden.

Studiengangsleiter Prof. Dr. Nissing testet das E-Gokart mit Studierenden. 
Bildnachweis: © HSRW/Claudia de Kruijf 

Im Wintersemester 2025/26 starten vier neu entwickelte, praxisorientierte Bachelor-Studiengänge an der Hochschule Rhein-Waal (HSRW). Der englischsprachige Studiengang Engineering for Sustainability, B.Sc., sticht dabei besonders heraus, denn hier setzt die HSRW auf ein völlig neues Konzept: ein projektbasiertes Studium, das die Studierenden vom ersten Semester an aktiv in reale Herausforderungen einbindet. Anstelle klassischer Vorlesungen arbeiten die Studierenden an interdisziplinären Projekten, die Technik und Nachhaltigkeit verbinden. Flexible Module ermöglichen es den Studierenden, individuelle Schwerpunkte zu setzen und das Studium so an ihre Interessen und beruflichen Ziele anzupassen. „Man kann sich das Studium gut so vorstellen: Es gibt keine Vorlesungen, stattdessen gibt es sogenannte Zentren, in denen die Professor*innen mit den Studierenden zu bestimmten Themen zusammenarbeiten. Die Studierenden lernen alle gemeinsam in Kompetenzzentren, ähnlich zu Abteilungen in einem Unternehmen. In diesen Zentren haben sie unterschiedliche Rollen inne und lernen voneinander“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Peter Kisters, Vizepräsident für Forschung, Innovation und Wissenstransfer, das innovative Konzept. 

Im Vordergrund: Individuelle Lernwege

Im ersten Semester durchlaufen die Studierenden aufeinander aufbauende Module zur Vorbereitung auf das eigentliche Studium. Hier lernen sie die Arbeit in Laboren kennen, bauen ihre Stärken in sozialen Kompetenzen auf und sammeln mit dem ersten Gruppenprojekt Erfahrungen in der Projektarbeit. Ab dem zweiten Semester findet das Studium in Projekten statt, die im Laufe der Semester größer werden. So arbeiten die Studierenden je nach Semester bis zu sieben Wochen gemeinsam an einem Projekt, vertiefen ihr Wissen und spezialisieren sich in einem bestimmten Bereich. Die Projekte werden aus neun Wissenszentren, den sogenannten ‚Centres of Knowledge‘, gewählt.

„Wir verzichten ganz bewusst auf sehr detailliertes und intensiv vertieftes Fachwissen, denn viel wichtiger ist, dass die Studierenden wissen, wie sie sich dieses Fachwissen früher oder später aneignen können“, so Prof. Dr.-Ing. Peter Kisters. „Sie sollen in der Lage sein, sich genau das zu erarbeiten, was sie letztendlich in fünf oder zehn Jahren benötigen, um die Herausforderungen zu lösen, vor denen sie dann mit den Unternehmen stehen werden.“

Praktisches Beispiel E-Mobility Plattform

Aktiv in reale Anforderungen eingebunden wurden Studierende bereits seit 2022 im Mecha-tronik- und Regelungstechniklabor. Entkoppelt von der Lehre haben hier die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr.-Ing. Martin Hellwig und Michael Titze mit Studierenden ein Gokart zu einer Entwicklungsplattform für Elektrofahrzeuge umgewandelt. Mit dem ursprünglichen pedalgetriebenen Fahrzeug für Jugendliche hat das heutige Gefährt nur noch wenig Ähnlichkeit – sehr zur Zufriedenheit der beiden. „Die Plattform beinhaltet alle Bauteile des elektrischen Antriebs eines modernen Elektroautos: Lithium-Ionen-Batterie, CAN-Datenbus, Steuergeräte und Elektromotoren“, stellt Michael Titze die einzelnen Komponenten bei einer Besichtigung vor Ort vor. Die gesamte Fahrzeugstruktur und die meisten Komponenten wurden von Studierenden selbst entwickelt und gebaut. Einzigartig ist hier, dass alle vier Räder unabhängig voneinander elektrisch angetrieben werden und das Drehmoment gezielt an einzelne Räder verteilt werden kann. Das ermöglicht es den Studierenden neuartige Fahrfunktionen wie Torque-Vectoring zu entwickeln und erlebbar zu machen.

„Das Gokart ist nun im Idealzustand: Wir verfügen über eine Plattform, an die vielseitige Projekte verschiedenster Ingenieursdisziplinen wie beispielsweise Konstruktionsplanung, Automatisierungstechnik oder Modellbildung andocken können. Jede*r trägt positiv zu einer Weiterentwicklung bei“, erläutert Martin Hellwig. „Die modulare Struktur, die mit der eines Elektroautos identisch ist, verhindert, dass parallele Projekte kollidieren und die Funktion des Fahrzeugs verloren geht.“ Ein perfektes Setting für die Projekte, die den Praxissemestern des Studiengangs Engineering for Sustainability, B.Sc., zugrunde liegen.

Martin Hellwig arbeitet zu 50 Prozent als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät Technologie und Bionik und zur anderen Hälfte in der Entwicklungsabteilung bei der Ipsen International GmbH. In diesem Jahr wurde er gemeinsam mit Ipsen mit dem Hochschulpreis der Wirtschaftsförderung Kreis Kleve ausgezeichnet. Auch bei der Tätigkeit im Unternehmen werden Theorie und Praxis auf optimale Weise miteinander verknüpft. „Ich kann mich ausgiebig mit den Forschungsthemen bei Ipsen beschäftigen und tiefe Einblicke in die Systeme bei Ipsen nehmen, aber gleichzeitig den ständigen Kontakt zur Hochschule haben, mit meinen Kollegen hier in Austausch gehen und Expertise in verschiedenen Bereichen abrufen. So sind die ‚Wege‘ für den Wissenstransfer besonders kurz“, so Martin Hellwig. Genau das schwebt auch den Macher*innen für den neuen Studiengang Engineering for Sustainability, B.Sc., vor. Dieses Studium geht am Ende übrigens ganz klassisch auf: Sieben Semester inklusive Praxissemester und der praxisorientierten Abschlussarbeit führen zum Bachelor of Science (B.Sc.). 

Team Gokart beim MINT-Festival kennenlernen

Schüler*innen der Klassen neun bis zwölf der weiterführenden Schulen in den Kreisen Kleve und Wesel haben übrigens am 2. und 3. Juli 2025 die Möglichkeit, das Team Gokart beim MINT-Festival der Fakultät Technologie und Bionik persönlich kennenzulernen. Zum Erkunden angewandter Wissenschaften in den MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik wird ein vielfältiges Programm angeboten. Ob Projekte und Experimente hautnah erleben oder in Praxis-Workshops selbst Hand anlegen, beim MINT-Festival öffnen sich die Labore und Vorlesungsräume der Fakultät. Die Anmeldung erfolgt über die Schulen bis zum 18. Juni 2025 an: zdi-kleve@hochschule-rhein-waal.de

 

Hintergrund

Studienstart für den innovativen und praxisorientierten Studiengang Engineering for Sustainability, B.Sc., ist das Wintersemester 2025/26. Studieninteressierte können sich noch bis zum 15. Juli 2025 über das Bewerbungsportal der Hochschule Rhein-Waal für Bachelor- und Masterstudiengänge online bewerben bzw. einschreiben. Der Zugang zum Online-Portal ist direkt über die Startseite der Hochschule Rhein-Waal möglich. Dort erhalten Bewerber*innen auch weitere Informationen zu den interdisziplinären Studiengängen. Die Zentrale Studienberatung (ZSB) steht allen, die noch auf der Suche nach einem geeigneten Studienplatz sind oder weiterführende Fragen zu einem der Studiengänge haben, unterstützend und beratend zur Seite. 

Ansprechpartner*in 

Doris Gerland
Marketingmitarbeiterin
Fakultät für Technologie und Bionik
E-Mail: dg@hsrw.eu