Akademische Jahresfeier mit Forschungs- und Transfertag: Leistungen von Hochschulangehörigen ausgezeichnet – Ministerin Silke Gorißen als Ehrengast

Wissenschaftlicher Diskurs, Ehrungen für Engagement in Forschung, Transfer und für soziales Miteinander, aber auch informeller Austausch und Netzwerken standen am 14. Juni 2023 an der Hochschule Rhein-Waal (HSRW) im Vordergrund. Tagsüber wurden beim Forschungs- und Transfertag auf dem Klever Campus herausragende Aktivitäten der letzten zwei Jahre vorgestellt. Am Abend hielt Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Silke Gorißen die Festrede bei der diesjährigen akademischen Jahresfeier und wandte sich der Zukunft der Land- und Forstwirtschaft in Nordrhein-Westfalen zu. An der Veranstaltung, die das Thema Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellte, nahmen nahezu 300 Hochschulangehörige, Freunde und Förderer sowie regionale Vertreter*innen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft teil.

Bildnachweis: Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Silke Gorißen © Torsten Barthel

Gastrede von Ministerin Silke Gorißen

Um gesellschaftliche Verantwortung und Nachhaltigkeit auf Landesebene ging es in der Rede von Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Die aktuellen ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen in Landwirtschaft und Klimaschutz stellte sie in einen historischen Kontext und ging darauf ein, dass der Nachhaltigkeitsgedanke schon seit Jahrhunderten in der Landwirtschaft fest verankert sei, um die Versorgung der Menschen mit Nahrung zu sichern. Auch heute sei eine nachhaltige und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähige Landwirtschaft wichtig – besonders im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit von Landwirtschaftsbetrieben. Hierbei dürfe laut Gorißen die Landwirtschaft nicht alleine gelassen werden. Allein in Nordrhein-Westfalen seien über 30.000 Betriebe mit einem jährlichen Produktionswert von mehr als sieben Milliarden Euro aktiv. Damit gehöre die Branche zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen und größten Arbeitgebern Nordrhein-Westfalens. Die Landwirtschaft sorge mit ihrer Arbeit auf den Höfen zu Beginn der Lebensmittelkette dafür, dass die Menschen ausreichend mit Nahrung, sicher und in bester Qualität versorgt werden. Deshalb setze sich das Ministerium für mehr Planungssicherheit für die Landwirtschaft ein und für stabile Rahmenbedingungen, um den bäuerlichen Betrieben in Nordrhein-Westfalen eine gute Zukunftsperspektive zu geben.

Eine nachhaltige Bewirtschaftung sei auch im Wald notwendig: Seit jeher sei es wichtig gewesen, nur so viel Holz zu nutzen, wie nachwächst bzw. nachgepflanzt wird. Damit verbunden schlug die Ministerin einen Bogen zu aktuellen Herausforderungen des Waldes und dem nötiger Umbau der Wälder im Zuge des Klimawandels weg von reinen Nadelhölzern hin zu mehr Laubbaumwäldern. Die gebürtige Kleverin misst der Hochschule bei allen Antworten auf die vielfältigen Herausforderungen eine große Bedeutung bei.

Keynote von Prof. Dr. Brigitte Spieß

Auch in dem Vortrag von Prof. Dr. Brigitte Spieß, Leiterin des Instituts für Nachhaltige Transformation und Professorin an der International School of Management in Berlin, zur Eröffnung des Forschungs- und Transfertages ging es um die Machbarkeit eines nachhaltigen Wandels im Angesicht von multiplen Krisen und sozialer Gerechtigkeit: Dies sei nur möglich auf sozial gerechte Art und Weise zum Wohle aller Menschen – und gleichzeitig mit ökonomischem Erfolg. Was auf den ersten Blick wie eine Utopie klinge, nehme alle in die Pflicht: Es gelte, Kreativität und Mut zu finden, um diese Herausforderungen konstruktiv zu bewältigen – egal ob als Konsument*innen, als Bürger*in, als Anleger*in, als Führungskraft oder als Bankberater*in. „Das ist eine Verantwortung, die wir nicht delegieren können“, so Spieß.

Vortrag von Hochschulpräsident Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen

HSRW-Präsident Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen pflichtet beiden Vortragenden bei: Er sieht jede*n einzelne*n in der Verantwortung, aber die Hochschulen für angewandte Wissenschaften in einer besonderen Schlüsselposition: „Stillstand ist Rückschritt. Wir müssen uns nach vorne bewegen, um in eine erfolgreiche Zukunft zu gelangen. Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg, Antidemokratisierungstendenzen, der Klimawandel und nicht zuletzt die ganzheitliche Transformationsnotwendigkeit – wir befinden uns in einem tiefgehenden Wandel“, eröffnete er seinen Vortrag. Die hohe Kunst bestehe darin, aus diesem Wandel erfolgreich hervorzugehen. Genau für diese Fähigkeit, mit Innovation und Gestaltungswillen auf sich verändernde Bedingungen zu reagieren, stehen Hochschulen für angewandte Wissenschaften wie die HSRW. „Wir brauchen junge Menschen mit ihren neuen Ideen. Unsere Verantwortung wiederum ist es, die Studierenden mit dem Rüstzeug auszustatten, um mit den jetzigen Herausforderungen umgehen zu können. Ich bin besonders stolz und froh, dass wir als internationale und vielfältige Hochschule bisher so viel geleistet haben“, so Locker-Grütjen weiter. Die Erfolge dessen wurden während der akademischen Jahresfeier, die in diesem Jahr zum fünften Mal stattfand, nicht zuletzt durch die Ehrungen von Studierenden und Wissenschaftler*innen sichtbar.

Bildnachweis: Preisträger Dr. Conor Watson, Hochschulpräsident Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen und Prof. Dr. Peter Kisters, Vizepräsident für Forschung, Innovation und Transfer © Torsten Barthel

Forschungspreis

Den Forschungspreis erhielt Dr. Conor Watson, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Gartenbau, Agrar- und Umweltwissenschaften an der Fakultät Life Sciences. Er wurde für seine herausragende Forschung zur Insektenzucht als Teil der Kreislaufwirtschaft ausgezeichnet. Die Nachfrage nach erschwinglichem, hochwertigem Eiweiß wird in den nächsten Jahren steigen, wenn eine wachsende Weltbevölkerung von bald etwa 10 Milliarden Menschen ernährt werden muss. Durch den Klimawandel können Fleischverzehr und Viehzucht wie im bisherigen Maße nicht die Antwort darauf sein. Watsons Arbeit konzentriert sich darauf, gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen durch die Wiederverwertung von Lebensmittelabfällen mithilfe von Insektenlarven zu lösen: Die Produktion von Insektenlarven durch die Verwendung ihres Nebenprodukts Frass (eine nahrhafte Mischung für Pflanzen aus Larvenexkrementen, abgeworfenen Exoskeletten und unverdautem Substrat) kann als billiger organischer Dünger zu einer abfallfreien Industrie werden. Dieser Ansatz ermöglicht nicht nur die Reduzierung von Abfall, sondern liefert auch hochwertiges Protein mit geringeren Umweltauswirkungen im Vergleich zur konventionellen Viehzucht, erhöht die Proteinkonzentration im Boden und kann von Pflanzen aufgenommen werden, die den menschlichen Körper bei der Nahrungsaufnahme wiederum mit einem höheren Eiweißgehalt versorgen. Um Viehzucht zu reduzieren, muss Frass jedoch auch für die Landwirtschaft und weitere Erzeuger*innen wirtschaftlich sein und darf keine negativen Umweltauswirkungen mit sich bringen. Die Forschungsergebnisse von Watson tragen dazu bei, eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern und den ökologischen Fußabdruck der intensiven Landwirtschaft zu verringern.

Bildnachweis: Transferpreisträger Prof. Dr-Ing. Roland Schmetz, Hochschulpräsident Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen und Prof. Dr. Peter Kisters, Vizepräsident für Forschung, Innovation und Transfer © Torsten Barthel

Transferpreis

Der Transferpreis ging an Dr.-Ing. Roland Schmetz, Professor für Antriebstechnik, insbesondere Leistungselektronik, an der Fakultät Technologie und Bionik. Er wurde für seinen Vorschlag zur Elektrifizierung der Bahnanbindung und Umstellung des Niederrhein-Münsterland-Netzes auf batterie-elektrische Züge mit dem Transferpreis ausgezeichnet. Sein Vorschlag basiert auf umfangreichen Forschungen und zeigt das Potenzial, den öffentlichen Nahverkehr nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Durch die Elektrifizierung und den Einsatz batterie-elektrischer Triebzüge können Primärenergie und Kohlendioxidemissionen eingespart werden. Schmetz hat nicht nur sein Konzept veröffentlicht und in Vorträgen präsentiert, sondern auch direkte Gespräche mit verschiedenen Personen und Organisationen geführt, um seine Idee voranzutreiben. Sein Engagement und seine Erfolge machen deutlich, wie Forschung und Transfer Hand in Hand gehen können, um einen konkreten Beitrag zur Nachhaltigkeit im Verkehrssektor zu leisten. Somit widmet sich seine Forschung wirtschaftlichen Herausforderungen, die in und über die Region hinaus relevant sind und Zukunftsthemen adressiert – beides Kriterien für den Forschungs- und den Transferpreis.

„Eine Hochschule generiert Wissen. Eine Hochschule hat aber auch die Verantwortung, dieses Wissen aus der Institution in die Gesellschaft und Wirtschaft herauszutragen. Nur wenn wir diese Aufgabe erfüllen, können wir zu Veränderung in der Region, aber auch global beitragen. Der Transferpreis soll genau diesen Effekt sichtbar machen und honorieren“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Peter Kisters, HSRW-Vizepräsident für Forschung, Innovation und Transfer. Beide Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert und zweckgebunden. Das Preisgeld soll als Investition Dr. Conor Watson und Prof. Dr.-Ing. Roland Schmetz weitere Forschungsaktivitäten in ihren Bereichen ermöglichen.

Preise für wissenschaftliche Posterbeiträge

Des Weiteren wurden Preise für die besten wissenschaftlichen Poster, die im Rahmen des Forschungs- und Transfertags ausgestellt wurden, vergeben. Dabei handelt es sich um Plakate, auf denen Informationen, Daten, Diagramme und Grafiken zu einem aktuellen Forschungsthema anschaulich dargestellt werden. Auszeichnungen für Poster werden vergeben, um die Präsentation von qualitativ hochwertiger Forschung zu honorieren. Unter den 60 Einreichungen war die Konkurrenz groß; letztlich wurden die folgenden drei ausgezeichnet: Der erste Preis ging an die wissenschaftliche Mitarbeiterin Julia Mai und ihr Team (Fakultät Gesellschaft und Ökonomie), das sich mit emotionaler Arbeit bei pädagogischen Fachkräften beschäftigt. Hier sollen Methoden entwickelt werden, damit diese Fachkräfte bei ihrer herausfordernden Tätigkeit keine Einschränkungen in Gesundheit oder Leistungsfähigkeit erleiden. Weitere Preise erhielten die wissenschaftliche Mitarbeiterin Rebecca Lauther und Team (Fakultät Kommunikation und Umwelt) mit der Darstellung ihres Projektes zur Hochskalierung von alkalischer Wasserelektrolyse sowie Prof. Dr. Alexander Struck mit seinem Team (Fakultät Technologie und Bionik), die einen Astronomie-Rundgang in Kleve erstellen möchten. Auch Ministerin Gorißen beglückwünschte die Preisträger*innen und zeigte sich erfreut, was besonders in jungen Jahren geleistet werde, wie sich besonders an zwei Ehrungen für HSRW-Studentinnen zeigte.

Bildnachweis: Moderator Ludger Kazmierczak, Prof. Dr. Tatiana Zimenkova, Vizepräsidentin für Internationales und Diversität, DAAD-Preisträgerin Irina Pohilco, Hochschulpräsident Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen, Prof. Dr. Joachim Fensterle © Torsten Barthel

DAAD-Preis

Mit dem diesjährigen DAAD-Preis wurde Irina Pohilco, Studentin im fünften Semester Bioengineering, ausgezeichnet. Pohilco gehört laut Dr. Joachim Fensterle, Professor an der Fakultät Life Sciences, zu den besten ihres Jahrgangs, verfügt über herausragende interkulturelle Kompetenz und weist eine hohe Empathie im Umgang mit Studierenden und Mitarbeitenden auf. „Im vom DAAD geförderten Projekt Capacity Building koordinierte sie weitgehend selbstständig die Integration der ukrainischen Studierenden, aber auch den Kontakt und den Aufenthalt mit den professoralen Kolleginnen. Die außergewöhnliche Leistung besteht nicht nur darin, dass sie diese komplexe Koordination meisterte, die aufgrund der wechselnden Umstände ein extremes Maß an Flexibilität erforderten, sondern dass sie darüber hinaus eine außergewöhnlich hohe Empathie und Sensibilität im Umgang mit den Menschen aus dem Kriegsgebiet aufweist“, so Fensterle, der die Studentin für den Preis nominierte. Prof. Dr. Tatiana Zimenkova, Vizepräsidentin für Internationales und Diversität, betonte zudem: „Damit fühlten sich sowohl die Studierenden als auch die Professorinnen sehr gut aufgehoben und konnten bei ihrem Aufenthalt in Kleve einmal richtig ‚durchatmen‘. Irina ist ein leuchtendes Beispiel, wie sehr wir als Hochschule von den internationalen Studierenden profitieren“, so die Vizepräsidentin.

Bildnachweis: Mechthild Janßen, ZONTA Club Niederrhein, ZONTA-Award-Preisträgerin Deepal Kumar, Hochschulpräsident Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen © Torsten Barthel

Award des ZONTA Club Niederrhein

Am Abend wurde bereits zum elften Mal der mit 1.000 Euro dotierte Award des ZONTA Clubs Niederrhein verliehen. Mit Hilfe der Professor*innen, die geeignete Kandidatinnen vorschlagen können, wurde in diesem Jahr eine HSRW-Studentin ausgezeichnet, die sich auf besondere Weise für die Hochschule Rhein-Waal und für ihre Kommiliton*innen einsetzt und sich darüber hinaus außeruniversitär ehrenamtlich engagiert. Preisträgerin 2023 ist Deepal Kumar – nominiert von Dr. Lily Chambers, Professorin an der Fakultät Technologie und Bionik. Die Bachelor-Studentin im 6. Semester des Studiengangs Electrical and Electronics Engineering agiert als Frau in einem traditionell männlich geprägten Studienfeld und hofft, zu einer größeren Vielfalt und Repräsentation im MINT-Bereich beizutragen. Die gebürtige Inderin wurde während ihres dritten Semesters Mitglied des Fachschaftsrats an der Fakultät, der als Sprachrohr der Studierendenschaft dient. Ebenso ist sie aktives Mitglied von TechWomen – einem Club, der sich der Unterstützung von Studentinnen in MINT-Fächern widmet. Zum Abschluss der akademischen Jahresfeier forderte Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen die Hochschulgemeinschaft zu mutigem Handeln auf: „Hochschulen haben eine enorme Verantwortung – von der Ausbildung von Nachwuchsfachkräften bis zu innovativer Forschung mit regionaler und weltweiter Wirkung. Die Ehrungen heute Abend zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind. All die Herausforderungen, die uns heute begegnen, sollten uns nicht abschrecken. Das Motto in diesen Zeiten lautet: Einfach machen“, so der Präsident.