Prof. Dr. Joachim Fensterle
Die Faszination des Lebens begeisterte Fensterle bereits während seiner Schulzeit in seinem oberschwäbischen Geburtsort Riedlingen an der Donau. Schon damals war für ihn klar, dass er möglichst viel über die molekularen Grundlagen des Lebens erfahren möchte.
Nach seinem Zivildienst als Rettungssanitäter begann er daher sein Studium der Biotechnologie an der Technischen Universität Braunschweig. Nach dem Vordiplom wechselte er an eine französische „Grand Ecole“, die École Supérieure de Biotechnologie (ESBS) in Straßburg. Neben der internationalen Atmosphäre begeisterte ihn dort auch das direkte Betreuungsverhältnis zwischen den Studenten und Professoren. Seine immunologisch / infektionsbiologisch geprägte Diplomarbeit absolvierte er schließlich in der Forschungsabteilung der Firma Chiron-Biocine in Siena / Italien.
Seine Leidenschaft für das molekulare Zusammenspiel von mikrobioellen Pathogenen mit dem Wirtsorganismus und die daraus ableitbaren gezielten Angriffsmöglichkeiten durch das Immunsystem führten ihn dann zur Promotion an das Max-Planck Institut für Infektionsbiologie nach Berlin. Dort arbeitete er unter anderem mit verschiedenen bakteriellen Pathogenen wie Salmonellen, Listerien oder dem Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis.
Kurz nach seiner Promotion im Jahr 2000 wechselte Fensterle als Leiter der Arbeitsgruppe „bakterielle Tumortherapie“ an das Institut für Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung der Universität Würzburg. Ziel war hier, das infektionsbiologische Arsenal von Mikroorganismen gezielt für die Tumortherapie auszunutzen. Dabei gelang es dem Team unter anderem einen Salmonellenstamm so zu modifizieren, dass er prinzipiell als Impfstoff gegen Prostatakrebs einsetzbar ist. Diese Arbeiten mündeten in die Ausgründung einer GmbH, die Fensterle als geschäftsführender Gesellschafter, neben seiner Tätigkeit als Assistent an der Universität, zeitweise leitete. Eine Auswahl seiner Arbeiten findet sich hier.
Die internationale, börsennotierte Pharmafirma Æterna Zentaris wurde 2005 aufmerksam und übernahm das Projekt. Fensterle wechselte als Head of Vaccine Development / Business Development ebenfalls zur Firma. Neben der Tätigkeit im Business Development entwickelte er dort federführend das Projekt zur klinischen Reife weiter, was insbesondere die Etablierung von industriellen Prüf- und Produktionsverfahren beinhaltete.
Die aktuellen Schwerpunkte an der Hochschule Rhein-Waal beinhalten die biotechnologische Produktion von Bio-Kunststoffen, insbesondere aus Abfallströmen der Lebensmittelindustrie. Ebenfalls beschäftigt er sich mit dem zukünftigen Beitrag von erneuerbaren Energien aus Biomasse zur Energiewende. In diesem Kontext hat er gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Platte ein kombiniertes biotechnologisch / chemisches Verfahren konzipiert, welches grundsätzlich eine CO2 negative Energieproduktion ermöglicht.
Ein weiterer Fokus liegt in der Weiterentwicklung der Lehre – insbesondere mit digitalen Mitteln. Dabei untersucht Fensterle gemeinsam mit Partnern, inwieweit sich Smart Glasses für die Verbesserung von Laborpraktika einsetzen lassen. Für diese Arbeit wurde er 2016 mit dem Fellowship für Innovation in der Digitalen Lehre des Stifterverbandes ausgezeichnet. In den letzten Jahre warb Fensterle mehrere Drittmittelprojekte mit Budgets von insgesamt über 1 Million Euro ein, die sich ebenfalls mit der Verbesserung der Lehre beschäftigten. In einem Projekt – SmartLabOER (www.smartlaboer.de), ein Konsortium von drei Hochschulen mit Fensterle als Konsortialführer, wurden die Arbeiten mit SmartGlasses weitergeführt und eine plattformunabhängige Lösung entwickelt und getestet, die eine Echtzeit Unterstützung in Laborpraktika erlaubt. In einem weiteren Projekt, BioLabSIM, wurde in Kooperation mit der RWTH Aachen und der Westfälischen Hochschule Jupyter-Notebook basierte Simulationen implementiert, die eine verbesserte Vorbereitung und Durchführung von Praktika erlauben. Fensterle war ebenfalls Projektleiter der DAAD geförderten Kooperation mit Partneruniversitäten in Kharkiv, Ukraine. Unter anderem konnten in diesem Projekt Studierende aus Kharkiv in Summerschools an der HSRW praktische Erfahrungen sammeln – trotz der fast unerträglichen Situation aufgrund des russischen Angriffskrieges. In diesem Zusammenhang konnte auch die Online-Lehre, welche für Studierende aus Kharkiv weiterhin die einzige Lehrform darstellt weiterentwickelt werden: Fensterle entwickelte mit seinem Team eine neue Plattform für Escape-Rooms, welche die Erstellung und Durchführung von Escape Rooms auf einem sehr hohen technischen Niveau, optimiert für die Bedarfe in der Lehre, erlaubt. In diesem Zusammenhang wurde auch erstmals ein Editor entwickelt, welcher die Erstellung von Escape Rooms in einer No-Code Umgebung erlaubt. Somit können alle Partner ihre Escape Rooms selbst erstellen, obwohl diese auf einer Game-Engine beruhen und somit Möglichkeiten bieten, die weit über HTML basierte Lösungen hinausgehen.
Fensterle ist Autor des Buches Biotechnologie für Dummies. Die gesamten von ihm generierten Inhalte des Buches, inklusive Videos, stellt Fensterle über die Webseite www.biotech-bites.com unter einer Creative Common Licence zur Verfügung.
Fensterle ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und als Gutachter für mehrere wissenschaftliche Organisationen / Zeitschriften tätig. Fensterle ist Gutachter und Mitglied des Fachausschusses Biologie der ASIIN.