Halbzeit beim Transformationsprojekt der Hochschule Rhein-Waal

Wie wird nachhaltiger Wandel am Niederrhein gestaltet?

Groß war die Freude im Mai 2022, als die Hochschule Rhein-Waal (HSRW) vom Erfolg ihres Projektantrags erfahren hatte, der eine Förderung im Rahmen des Programms ‚Innovative Hochschule‘ des damaligen Bundesministeriums für Bildung und Forschung für fünf Jahre beinhaltet. Am 8. Oktober feierte das daraus entstandene Projekt TransRegINT ein hochschulinternes Bergfest und informierte am Campus Kleve in der Veranstaltung „Vom Transfer zur Transformation” nicht nur über die vielseitigen Projektaktivitäten, sondern reflektierte mit hochkarätigen Gastimpulsen, wie nachhaltige Veränderung zum Nutzen der Region erfolgen kann. 

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Bildnachweis: Das TransRegINT-Team blickt gespannt auf die zweite Projekthälfte. ©Luisa Rottes_HSRW

Die drei Transformationsexpert*innen Frank Wistuba (Bildungsreferent und Projektleiter „bne:digital.nrw“), Prof. Dr. Christa Liedtke (Co-Vorsitzende der wpn2030, Vorsitzende Abteilungsleitung für Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren am Wuppertal Institut) und Prof. Dr. Kora Kristof (Vizepräsidentin Digitalisierung und Nachhaltigkeit am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schlugen aufeinander aufbauend den Bogen von der individuellen Transformation über Wissenschaft und Wirtschaft bis zur gesellschaftlichen Transformation. Sie betonten unisono die Notwendigkeit der Entwicklung von Schlüsselkompetenzen, um Wandel zu leben; bei heutigen Studierenden ebenso wie in der Berufswelt und im Privatleben. Voraussetzung dafür sei ein passendes Mindset, also Werte, Haltung und Kultur. Denn Transformation benötige Mut, Ausdauer und Entschlossenheit sowie die Fähigkeit Widerständen zu begegnen. 

Angelaufen ist das Projekt TransRegINT (Transformation der Region Niederrhein: Innovation, Nachhaltigkeit, Teilhabe) am 1. März 2023. Mit der feierlichen Eröffnung im Mai 2023 startete die inhaltliche Arbeit der rund 20 Mitarbeitenden. Ihr Auftrag: Die Position der Hochschule in der Region stärken sowie Wirtschaft und Gesellschaft durch unterschiedliche Angebote einbinden, um gemeinsam auf Basis von Wissenschaft und Forschung Veränderungsprozesse am Niederrhein zu gestalten. Was bedeutet das konkret? Spannende Projekteinsichten konnten am 8. Oktober gewonnen werden. Im Folgenden einige Beispiele aus dem Projektalltag:

  • Mehr als 40 Kinder der Grundschule am Niersenberg in Kamp-Lintfort haben mithilfe der im Projekt entwickelten Leseassistenz-App STREEN Lesefähigkeit und Technologieverständnis spielerisch verbessert.
  • Über 40 Labore an der HSRW sollen intern vernetzt und nach außen geöffnet werden – dafür ist das verantwortliche Team LabLandschaften bereits etwa 130 km am Campus Kamp-Lintfort von Labor zu Labor gelaufen.
  • Rund 1.400 Gehölze wurden mit den Kooperationspartnern des Agroforst Reallabors für neue Agroforstsysteme gepflanzt.
  • Gut 2.900 Menschen besuchten Veranstaltungen u. a. mit Wettermoderatorin Claudia Kleinert, Dipl.-Met. Sven Plöger, Gastdozenten und Wissenschaftler*innen der HSRW und haben über Nachhaltigkeitsthemen wie Ressourcennutzung, gemeinwohlorientiertes Wohnen oder Mobilität diskutiert.

 

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Bildnachweis: Die einzelnen Transformationsprojekte gaben in einer hochschulinternen Roadshow spannende Einblicke in ihre Projektarbeit. ©HSRW_ClaudiaDeKruijf

Impulse werden von TransRegINT auch innerhalb der HSRW gesetzt: Im Fokus steht Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Seit dem Wintersemester 2024/25 teilen Fellows erfolgreich ihre Kompetenzen im Bereich Transformation, Nachhaltigkeit und Teilhabe mit dem Projektteam, der HSRW und der Region. Als Fellows bezeichnet man Gastdozent*innen, die mit einem Lehrstipendium ausgezeichnet werden. Sie bringen nicht nur wertvolle Expertise mit, sondern unterstützen beim Aufbau von Kooperationen mit anderen Bildungseinrichtungen sowie regionalen Unternehmen und Kommunen. Das Projekt übernimmt zudem wichtige Netzwerkarbeit für die HSRW im Bereich nachhaltige Entwicklung mit anderen Hochschulen, zum Beispiel im DG HOCHN, der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltigkeit an Hochschulen e.V.

„Wir sehen, dass wir den Dialog zwischen Wissenschaft, Unternehmen und Gesellschaft weiter befördern müssen, um den Wandel am Niederrhein gemeinsam erfolgreich zu gestalten “, so Prof. Dr.-Ing. Peter Kisters, Vizepräsident für Forschung, Innovation und Wissenstransfer der HSRW sowie Projektleiter von TransRegINT.

 

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Bildnachweis: Im September wurde der Mais auf der Agroforst-Demonstrationsfläche Alleen 3 durch den Projektpartner Landwirtschaftliches Versuchszentrum Haus Riswick geerntet. ©HSRW_JannisMenne

An Fahrt aufgenommen

TransRegINT ist den Kinderschuhen entwachsen und zeigt auf abwechslungsreiche Weise und zu unterschiedlichen Themen Präsenz in der Region. „Für viele mag verwirrend sein, dass unter dem Dach von TransRegINT so verschiedene Themen zusammengefasst sind wie Assistenzsysteme zur Leseförderung von Grundschulkindern, Agroforstsysteme, also landwirtschaftliche Themen, erneuerbare Energien oder die Verzahnung von Lehre, Forschung und Wissenstransfer zur „One Mission“, die in diesem Wintersemester mit dem neuen projektbasierten Studiengang „Engineering for Sustainability, B.Sc.“ startet“, zählt Prof. Dr.-Ing. Peter Kisters einige der Arbeitsbereiche auf. „Die Hochschule Rhein-Waal ist mit ihren vier Fakultäten und breitem Studienangebot in den Bereichen Naturwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Technik sowie Gesellschaftswissenschaft, Sozial- und Gesundheitswissenschaft auf vielen Feldern aktiv. Als Hochschule für angewandte Wissenschaften verstehen wir es als Pflicht, zu Entwicklungen beizutragen, die einen nachhaltigen Wandel ermöglichen.“ 

Dafür bedarf es Verständnis und Einbindung der Menschen, die am Niederrhein zu Hause sind. Ein Beispiel ist der Nachhaltigkeitspreis Klever Birne, den das Projekt mit der Stadt Kleve in diesem Jahr bereits zum dritten Mal vergeben hat, um gemeinsam mit den Menschen in Kleve neue Ideen für nachhaltige Maßnahmen zu entwickeln. Nach dem Start der DialogPunkt genannten Regionalbüros im vergangenen Jahr in Kleve wurde das Konzept weiterentwickelt und in diesem Jahr mit Erfolg in Kleve wiederholt sowie erstmals in Xanten angeboten. Mit den DialogPunkten werden Wissen und Wissenschaft in unterschiedlichen Formaten von Mitmachangeboten über Diskussionsrunden, Führungen und Vorträgen in die Gesellschaft getragen. Weitere Kommunen haben für diese Angebotsreihe bereits Interesse signalisiert und befinden sich in Abstimmungsgeprächen mit den Verantwortlichen bei TransRegINT. Zentrale Herausforderungen und Chancen für regionale Unternehmen sollen ab Herbst 2025 im DialogPunkt Wirtschaft in Kalkar adressiert werden. 

 

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Bildnachweis: Wasserstoff als erneuerbarer Energieträger: Das Projekt „H2-Power Wasserstoff ersetzt Dieselgenerator” entwickelte in Kooperation mit Omexom einen umweltfreundlichen Ersatz für Dieselgeneratoren. Im Mai 2024 wurde das Projekt mit dem Hochschulpreis der Wirtschaftsförderung im Kreis Kleve ausgezeichnet. ©Omexom

Die Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen ist ein weiterer Pfeiler von TransRegINT. In den praxisnahen Kooperationen mit landwirtschaftlichen Betrieben, die Betriebsflächen in Agroforstsysteme umwandeln und für Forschungs- und Lehrzwecke zur Verfügung stellen, findet ein Wissenstransfer par excellence statt. Am Campus Kamp-Lintfort stoßen die Unternehmensabende auf viel Zuspruch aus der lokalen Unternehmerschaft; der gezielte Blick hinter normalerweise geschlossene Labortüren ebnet den Weg für das Auffinden weiterer Kooperationsmöglichkeiten zwischen Forschenden, Lehrenden und/oder Studierenden der Hochschule und der Wirtschaft. Denn die Zusammenarbeit mit der Hochschule Rhein-Waal eröffnet Chancen: von frischen Ideen und kreativen Impulsen über den Zugang zu jungen Talenten bis hin zu gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten. „Diese Beispiele und die vielen weiteren Aktivitäten der Mitarbeitenden und auch die große Zahl an aktiven Kooperationspartnern zeigt: Da passiert was bei TransRegINT“, bestätigt PD Dr. Gerhard Heusipp, stellvertretender Projektleiter von TransRegINT. 

Transformation über TransRegINT hinaus

Das unausweichliche Projektende von TransRegINT Ende 2027 ist nicht gleichzusetzen mit einem Ende der Nachhaltigkeitsbemühungen der Hochschule Rhein-Waal und ihrer Partner. „Wir wollen Anstöße geben, Impulse setzen und unterstützen bei einer Verstetigung von Formaten. Agroforstpraktiker*innen sollen sich auch über die Zeit von TransRegINT hinaus bei Agroforst-Praxisstammtischen treffen und austauschen. Angebote wie die DialogPunkte können von den Kommunen in Zusammenarbeit mit Akteuren der Gesellschaft weitergetragen werden. Es gibt viele Möglichkeiten, den Weg der Transformation weiterzugehen“, ist Prof. Dr.-Ing. Peter Kisters zuversichtlich. Verstetigt werden diese durch den Aufbau eines Europäischen Zentrums für Nachhaltigkeitstransformation und Teilhabe (EUZENT). Dies soll sich der Erforschung, Ermöglichung und Realisierung von Nachhaltigkeitstransformation in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft widmen und setzt damit in Teilen die Arbeit von TransRegINT fort. 

Auf der Projektwebseite www.transregint.de wird regelmäßig über Projektfortschritte berichtet und zu aktuellen öffentlichen Veranstaltungen eingeladen. Hier findet sich auch ein Nachbericht zu der Veranstaltung „Vom Transfer zur Transformation“ am 8. Oktober 2025. 

 

Hintergrundinformationen

Mit dem Projekt TransRegINT (Transformation der Region Niederrhein: Innovation, Nachhaltigkeit, Teilhabe) hat sich die Hochschule Rhein-Waal zum Ziel gesetzt, den nachhaltigen Wandel in der Region wissenschaftsbasiert mitzugestalten. Gefördert wird das Projekt durch das Programm ‚Innovative Hochschule‘ des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Diese Förderinitiative unterstützt Hochschulen dabei, aus Forschungserkenntnissen kreative Lösungen für die drängenden Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Bis Ende 2027 wird ‚TransRegINT‘ mit Fördergeldern in Höhe von knapp zehn Millionen Euro gefördert. Dies ermöglicht es, Lösungen zu erarbeiten, um die Zukunft in der Region im Sinne der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu gestalten.