"Viel hilft viel" gilt nicht für Entwicklungshilfe

Lebhaft, nachdenklich, kontrovers - so verlief die Diskussion auch am letzten Abend des  Forums Internationale Politik im Herbstsemester. VHS, Haus Mifgash und Fakultät Gesellschaft und Ökonomie an der HSRW  hatten gemeinsam eingeladen  und der Saal des VHS-Hauses war erneut gut gefüllt. Am Ende sprach Moderator Thomas Ruffmann wohl für viele, als er konstatierte, noch selten soviel Neues und Provozierendes zu einem schon oft diskutierten Thema gehört zu haben.

Prof. Oliver Serfling, hatte aus dezidiert volkswirtschaftlicher Sicht ein Impulsreferat über den Nutzen von Entwicklungshilfe gehalten. Hier präsentierte er auch die druckfrischen Ergebnisse einer repräsentativen Online-Befragung, die er in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsunternehmen Civey in Berlin durchgeführt hat. "Wie effektiv finden Sie die deutsche Entwicklungshilfe?" und "Wünschen Sie sich eine Erhöhung oder Verringerung des Entwicklungshilfe-Budgets?", so lauteten die Fragen. Das überraschende Ergebnis: Eine deutliche Mehrheit von rund 68% glaubt, die deutsche Entwicklungspolitik ändere wenig bis gar nichts an der Lage armer Länder. Dennoch sprechen sich über 40% für eine finanzielle Ausweitung der Entwicklungshilfe aus. 25% sind für weniger Hilfe,  29% sind für ein "Weiter wie bisher".

Für Serfling unterstreichen diese Ergebnisse das aus der wissenschaftlichen Literatur als „Hilfsillusion“ bekannte Phänomen. Viele Bürger haben angesichts von fortlaufenden Katastrophenmeldungen das Gefühl, mehr tun zu müssen und vom eigenen Reichtum abzugeben. Zugleich werden die bisherigen Erfolge der Entwicklungspolitik aber realistisch eingeschätzt. Prof. Serfling, der vier Jahre in einem großen Bildungsprojekt in Vietnam für Finanzen verantwortlich und zuvor auch in der Politikberatung tätig war,  vertrat demgegenüber die Auffassung, bei der Entwicklungshilfe sei die Losung „viel hilft viel“ fehl am Platze. Die Durchführung von erfolgreichen nachhaltigen Projekten der Entwicklungszusammenarbeit binde sowohl bei der Durchführungsorganisation als auch den Regierungsinstitutionen im Entwicklungsland große Managementkapazitäten. Diese seien vor allem in den Empfängerländern nicht vorhanden.  0,7% des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben - dieses UN-Ziel würde die Management-Kapazitäten vieler Entwicklungsländer überfordern.

Der Entwicklungsexperte sprach sich demgegenüber für eine bessere und genauere Begleitung und Auswertung der laufenden Projekte aus. Und auch der Publikumsforderung nach mehr Graswurzelprojekten außerhalb der Regierungskanäle könne er sich gut anschließen. Das Forum Internationale Politik wird im Frühjahr fortgesetzt. Die Veranstalter versprechen erneut spannende Diskussionen zu den folgenden Themen: Internationalisiertes Fußballgeschäft  und altmodische Nationalismen", Austrocknung der Steueroasen, Deutschland als unwillige Hegemonialmacht sowie Islam, Geschlecht und Selbstbestimmung. Start ab 25.4.2018.

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Pressemitteilung der VHS Kleve / Herr Thomas Ruffmann